Interview: So geht das IIB mit der Corona-Krise um

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Außergewöhnlicher Ramadan: So geht das Islamische Info- und Begegnungszentrum mit der Corona-Krise um

Normalerweise würden heute Abend die Mitglieder des Islamischen Informations- und Begegnungszentrums an der Bruchköbeler Landstraße zum gemeinsamen Fastenbrechen und anschließenden Gebet zusammenkommen. So wie an jedem Abend im Fastenmonat Ramadan.

„Für Muslime ist diese Zeit die wichtigste des Jahres“, sagt Khurrem Akhtar. Doch in diesem Jahr muss sich der Vorsitzende des multiethnischen und deutschsprachigen Vereins, bedingt durch die Corona-Krise und das damit einhergehende Kontaktverbot, nicht nur damit auseinandersetzen, dass das Begegnungshaus geschlossen ist, auch gilt es, die finanziellen Auswirkungen im Blick zu haben.

„In diesem Jahr müssen wir den Ramadan ausschließlich innerhalb der Familie begehen“, so Akhtar, der in Deutschland geboren wurde und dessen Eltern aus Pakistan stammen. Eine Situation, mit der in diesem Jahr wohl über eine Milliarde Muslime weltweit leben müssen

Ramadan normalerweise ein Fest der Gemeinschaft

Für den deutschsprachigen Verein, der 2012 gegründet wurde, eine nie da gewesene Situation. „Dieser Monat ist üblicherweise ein Monat der gesellschaftlichen Solidarität; vor allem das Teilen seiner Speise mit anderen wird sehr hoch angerechnet. Unsere Gemeinde hat im letzten Ramadan täglich Fastende und auch Nicht-Fastende in unseren Räumlichkeiten gespeist. In diesem Jahr ist nichts mehr wie in den Jahren zuvor. Weder wird das tägliche Fastenbrechen in der Moschee möglich sein – noch können die täglichen Gemeinschaftsgebete angeboten werden“, so der 43-jährige Familienvater.

Der Ramadan, sagt er, sei eigentlich eine Zusammenkunft für Muslime, um spirituelle Energie zu tanken. Dabei stehe nicht nur das Fasten im Vordergrund, sondern auch die individuelle Beziehung zum Schöpfer als Gemeinschaft werde im Ramadan zelebriert, das Zusammenkommen von Menschen.

Ramadan wird nur im Kreise der Familie verbracht

„Letztes Jahr haben wir täglich in unserem Zentrum gemeinsam gespeist, gemeinsam das Iftar zelebriert, den Zeitpunkt, ab dem man wieder essen darf. Muslime und Nicht-Muslime. Wir haben jeden Abend gemeinsam gebetet, auch das stets sehr emotionale und spirituelle Nachtgebet Tarawih“, erzählt Akhtar. Während er normalerweise heute Abend gemeinsam mit seiner fünfköpfigen Familie ins Gotteshaus gehen würde, wird er den heutigen und auch die Abende der kommenden Wochen innerhalb der Familie verbringen. Wird den Ramadan viel persönlicher verbringen als üblich.

„Es ist ein außergewöhnlicher Ramadan. Deshalb bieten wir unseren Gemeindemitgliedern online Livestreams an, um den fehlenden spirituellen Anker auszugleichen. Es sind 15- bis 20-minütige Kurzvorträge, die wir jeden Abend senden, damit die Gläubigen trotz des nicht möglichen Moschee-Besuchs eine gewisse Spiritualität erleben. Dennoch ist die Atmosphäre in einer Moschee natürlich eine andere. Wir hoffen aber, mit unserem Angebot diese ein Stück weit zu den Menschen unserer kleinen Gemeinde nach Hause transportieren zu können“, sagt Akhtar.

Spendensammlungen während des Ramadan fallen weg

Ein großes Problem stellt für den unabhängigen Verein die finanzielle Auswirkung der Corona-Krise dar. „Wie viele andere Moscheen lebt auch unsere Gemeinschaft zu einem großen Teil von den Spendensammlungen, vor allem im Ramadan“, sagt der Rodenbacher Unternehmer. Auch in den Freitagspredigten werde ein großer Teil der Spenden gesammelt. All das fällt nun weg. „Wir bieten normalerweise auch deutschsprachigen Islam- und Arabischunterricht für Kinder an. Auch hier fehlen uns nun die Einnahmen. Dabei sind wir auf diese und auf die Spendengelder angewiesen. Unsere Fixkosten laufen ja weiter.“

Der Ramadan garantiere alljährlich einen Großteil der finanziellen Sicherheit des Vereins. „Wir bauen da einen Puffer auf, von dem wir das Jahr über zehren können.“ Hoffnung setzt Akhtar auf die Hilfen für gemeinnützige Vereine, die das Land Hessen angekündigt hat. „Allerdings werden diese Hilfen unsere immensen Ausfälle nicht auffangen können. Wir haben auch zu Spenden aufgerufen, über Paypal.“ Allerdings sei die Spendenbereitschaft natürlich eine andere, wenn die Menschen direkt vor Ort in der Moschee sind, da sei die Bereitschaft zu geben viel größer.

Zukunft der Einrichtung nicht absehbar

Das schlimmste Szenario, das sich Akhtar für seine Gemeinschaft vorstellen kann, ist, die Einrichtung schließen zu müssen, weil die Fixkosten nicht bedient werden können. „Im Idealfall können wir aber, wenn auch eingeschränkt, mit unseren Projekten fortfahren. Wie es letztlich kommen wird, können wir noch nicht absehen“, sagt er und verweist darauf, dass jede Situation, sei sie noch so schwierig, auch etwas Gutes habe: „Durch die ganzen Einschränkungen, die der Alltag mit Corona mit sich bringt, verspüren wir doch auch eine gewisse Dankbarkeit gegenüber Dingen, die wir bisher als selbstverständlich wahrgenommen haben.“